AREA 7: Matthäusexpedition von Christoph Schlingensief

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Im Burgtheater macht Christoph Schlingensief seine animato- graphischen Erfahrungen im afrikanischen Slum „AREA 7“ zum Zentrum einer künstlerischen Unternehmung, eines fortgesetzten Versuchs mit „dreidimensionalem Kino“, einer sozialen Skulptur.

„The African Twin Towers“ heißt der erste Film seit acht Jahren, den Christoph Schlingensief im Oktober dieses Jahres in Lüderitz, Namibia, filmte. Zeitweise drehte er in der „AREA 7“, einem Wellblech-Township am Rande der Stadt, in dem er – für theatralische Aktionen und Experimente mit „dreidimensionalem Kino“ – einen Animatographen errichten ließ: Eine begehbare Film- und Drehbühne, eine „Lebensmaschine“ und „soziale Skulptur“, die, teilweise gestaltet von Township-Bewohnern, auch im Burgtheater zum Einsatz kommen wird.

Ausgangspunkt für Schlingensiefs jüngstes „Animatographen“-Projekt war seine Inszenierung von Wagners „Parsifal“ in Bayreuth (2004). Seitdem entwickelt er eine Reihe von Installationen, die nicht nur die traditionelle Vorstellung von Theater sprengen, sondern auch das bekannte aktionistische Theater hinter sich lassen:
„Der Animatograph ist wie ein lebender Organismus, auf dem der Zuschauer herumfährt, lebt und selber zum Bestandteil wird.“ (Schlingensief)

Vor Namibia war der Animatograph schon an verschiedenen anderen Orten: Erstmals wurde er in Island aufgebaut, wo die Erdkrusten der Kontinentalplatten aufeinander treffen und zog dann weiter nach Neuhardenberg bei Berlin. Hier verlegte Schlingensief unerzählte Mythengeschichten in ein tief im Wald gelegenes Militärcamp, um dort die im „Parsifal“ entwickelte Ur-Animatographie fortzusetzen: „Der Animatograph – Odins Parsipark“. Anschließend zog Schlingensief weiter nach Namibia, ehemals Deutsch-Südwestafrika. Dort drehte er den Film „African Twin Towers“, in dem es um die deutsche Kolonialschuld, um den 11. September und um die Mythologie des Heiligen Grals geht.

„Es geht aber weniger um den 11. September als um Afrika. Wir reden von 3500 Menschen, die am 11. September ermordet wurden. In Afrika sterben täglich 35.000.“

Der Animatograph ermöglicht es, Geschichte und Gegenwart, Politik und Mythos ineinander zu schieben, zu überblenden, mythische und historische Figuren gegenwärtig zu machen, nordisch-europäische oder afrikanische Traditionen zu verbinden und die filmischen Visionen des Wagnerianischen Grals mit den schamanistischen Bräuchen Afrikas sowie der isländischen Sagenwelt („Edda“) zu verknüpfen.

AREA7. Joseph Beuys, Elfriede Jelinek, Hosea Dzingirai, Dieter Roth, Christoph Schlingensief, Patti Smith, Wilhelm I. + II.
Matthäusexpedition von Christoph Schlingensief
Burgtheater Wien

Leitung: Christoph Schlingensief
Konstruktion: Thekla von Mülheim, Tobias Buser
Kostüm: Aino Laberenz
Dramaturgie: Jörg van der Horst, Joachim Lux, Henning Nass
Musik und Sounddesign: Uwe Altmann
Video und Schnitt: Katrin Krottenthaler
Regieassistenz: Sophia Simitzis, Barbara Nowotny
Dramaturgiehospitanz: Katharina Zobler

Mit Karin Witt, Patti Smith, Irm Hermann, Sachiko Hara, Karin Lischka, Klaus Beyer, Hermann Scheidleder, Robert Stadlober, Björn Thors, Juergen Maurer

Erste Expedition am 20. Januar 2006