SEIN WERK WAR SEIN LEBEN (ZDF.KULTUR)

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Christoph Schlingensief galt als einer der umstrittensten Vertreter des deutschen Kulturbetriebs. Er ist auch Menschen ein Begriff, die nicht in Theater und Opernhäuser gehen. In seinen provozierenden Theater-Inszenierungen, Filmen und Performances war er gleichzeitig Autor, Regisseur und Hauptfigur. Bis zu seinem frühen Tod arbeitete er daran, die Vision eines Opernhauses in Afrika Realität werden zu lassen.

Am 21.8.2013 widmet ZDF.kultur Christoph Schlingensief ab 20:15 Uhr einen Themenabend.

Und Zeit wird hier zum Raum
Die Berliner Filmemacherin Johanna Schickentanz hat Christoph Schlingensief 2005 auf dem ehemaligen NVA-Flugplatz Neuhardenberg getroffen und mit ihm über seinen „Parsifal“ und den „Animatographen“ gesprochen. Schlingensief schuf dort eine Installation „Der Animatograph – Odins Parsipark“, eine begehbare Fortsetzung des Bayreuther „Parsifal“. Darin führt er Wagner und Parsifal mit nordischen Sagen, deutscher Geschichte und Joseph Beuys zusammen.

Knistern der Zeit
„Knistern der Zeit“ erzählt die Geschichte eines scheinbar unmöglichen Projekts: ein afrikanisches Bayreuth, eine Oper in Afrika? Im Mittelpunkt Christoph Schlingensief, der Künstler aus Deutschland, und Diébédo Francis Kéré, der Architekt und Häuptlingssohn aus Burkina Faso. Ihr gemeinsames Ziel ist ein Operndorf in Afrika, ein Dorf mit einer Schule, mit Film- und Musikklassen, mit einer Krankenstation und natürlich einer Oper oder einem Theater, einem Festsaal oder Bürgerhaus. Alles sollte an einem Ort, in einem Dorf versammelt werden, was es zum Leben und Überleben braucht.

Die Dokumentation zeigt, wie das Dorf langsam wächst, von der Suche nach dem richtigen Ort im Mai 2009 bis zur Schuleröffnung im Oktober 2011. Sie begleitet Schlingensief hautnah und macht seine Vision und seinen Kampf für das Projekt erfahrbar. Im August 2010 stirbt Christoph Schlingensief, sein Traum lebt weiter.

Menu Total
Eine deutsche Familiengeschichte: Die Eltern tragen Nazi-Uniformen und tanzen Polonaise. Der Sohn terrorisiert seine Frau und den schwulen Enkel „Kid Joe“, gespielt von Helge Schneider. Dazwischen eine Horde Zombies. Die Lebenden Toten treffen auf die Widergänger der deutschen Geschichte. Christoph Schlingensief nimmt als Regisseur, Autor und Kameramann den Zuschauer mit auf einen wilden Parforce-Ritt durch einen surrealen, provokanten und komischen Alptraum.

100 Jahre Adolf Hitler – Die letzte Stunde im Führerbunker
April 1945: Berlin und das „Dritte Reich“ fallen, die Russen sind auf dem Vormarsch. Trotzdem feiert die Führungsriege um und mit Adolf Hitler im Führerbunker ausgelassen Weihnachten. Man begeht Inzest, schmiedet Intrigen und gibt sich ganz dem Wahnsinn hin. Als das unabwendbare Ende immer näher rückt, begeht Hitler Selbstmord. Dann ernennt sich Eva Braun zum neuen Führer und heiratet Magda Goebbels. Im ersten Teil seiner „Deutschland-Trilogie“ setzt sich Regisseur Christoph Schlingensief bewusst zwischen alle Stühle. Er geht Adolf Hitler mit ästhetischen Mitteln frontal und offensiv an: respektlos und ohne Rücksicht auf historische Genauigkeit.

Das deutsche Kettensägenmassaker
Nach dem Mord an ihrem Ehemann macht sich Clara aus Leipzig auf den Weg in den „goldenen Westen“. Sie sehnt sich nach Wiedervereinigung mit ihrem Lover. An der ehemaligen Grenze wird sie von Ex-DDR-Grenzbeamten aufgehalten. Clara gelingt trotzdem der Übertritt, aber sie gerät an eine westdeutsche Metzgerfamilie, die Ossis schlachtet und zu West-Wurst verarbeitet. Zu allem Überfluss verliebt sich auch noch die Tochter des Hauses in Clara, der der Sinn aber nicht nach Zärtlichkeiten steht, sondern nach blutiger Rache.

Terror 2000 – Intensivstation Deutschland
Eine sensationsgeile Horde von Journalisten folgt zwei gestörten Geiselnehmern auf ihrer Flucht durch die Republik. Auch in anderen Teilen des Landes regiert der Wahnsinn. Während in Rassau ein Asylbewerberheim brennt, feiern Neonazis ihren neuen Führer und die Geburtsstunde des vierten Reiches. „Terror 2000 – Intensivstation Deutschland“, der letzte Teil von Christoph Schlingensiefs Deutschland-Trilogie, ist ein radikales Statement zur deutschen Befindlichkeit Ende der 1980er und Anfang der 1990er Jahre: ein obszönes Hysterienspektakel, entstanden nach dem blutigen Ende des Geiseldramas von Gladbeck und den rassistischen Pogromen von Hoyerswerda, Rostock und Mölln.

Durch die Nacht mit…
Christoph Schlingensief und Michel Friedman

Auf den ersten Blick scheinen Christoph Schlingensief und Michel Friedman wenig Gemeinsamkeiten zu teilen. Michel Friedman, 1956 in Paris geboren, stammt aus einer polnisch-jüdischen Familie, die vor der Deportation nach Auschwitz gerettet wurde. 1965 zieht die Familie nach Frankfurt, wo die Eltern ein Pelzgeschäft betreiben. Friedman studiert zunächst Medizin, dann Jura. Christoph Schlingensief wuchs – nach eigener Aussage – in „extrem kleinbürgerlichen Verhältnissen“ auf. Er beschäftigt sich frühzeitig mit Film, bricht ein Studium der Germanistik und Philosophie ab und arbeitet lange im Avantgarde-Underground-Bereich, bevor er als Kulturschreck Karriere macht. Schlingensief und Friedman haben jedoch auch einiges gemeinsam. Beide provozieren gern, sind geschickte Manipulierer und greifen tabuisierte Themen und Symbole auf. Sie stehen sich in ihrer medialen Selbstdarstellung in nichts nach und erhitzen durch provokante Äußerungen und Aktionen gleichermaßen die Gemüter. Ihre politischen Überzeugungen sind dabei antagonistisch. Aber beide sind Gradmesser für die Stimmung in Deutschland.

21. August

20:15 Uhr: Und Zeit wird hier zum Raum
20:35 Uhr: Knistern der Zeit
22:20 Uhr: Menu Total
23:40 Uhr: 100 Jahre Adolf Hitler – Die letzte Stunde im Führerbunker
00:35 Uhr: Das deutsche Kettensägenmassaker
01:35 Uhr: Terror 2000 – Intensivstation Deutschland
02:50 Uhr: Durch die Nacht mit…

Weitere Informationen und Mediathek-Links unter
http://www.zdf.de/Kopf-der-Woche/Kopf-der-Woche-6045804.html