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42


"Schlingensief intim" versucht es in Frankfurt ohne Hausordnung

Frankfurter Rundschau, 18.3.05. Von Sylvia Staude.


Christoph Schlingensief war im Frankfurter Schauspielhaus und hat die Erwartungen erfüllt. Das ist ein Satz, der Schlingensief nicht freuen dürfte, denn jemand wie er legt es nicht drauf an, Erwartungen zu erfüllen. Aber wenn man sich mal aufs Chaos spezialisiert hat, aufs Einreißen der (Theater-)Form, kommt halt immer wieder das dabei heraus: Unordnung, aus der im besten Fall Erkenntnisse - oder wenigstens kleine Anstöße - wie Stroboskopblitze hervorschießen. Dieser beste Fall lag nicht vor an diesem Abend, der mit einer Publikumsbeschimpfung endete: Die Frankfurter sind scheiße, fand Kerstin. Was man ihr glauben muss, denn erstens war ihr in dieser Talkshow-Performance eindeutig die Underdog-Mund-tut-Wahrheit-kund-Rolle zugedacht; zweitens dauerte Schlingensief intim - Fickcollection, A. Hipler hier nur zwei Stunden. Bis zu drei können es sein.

Vermutlich gab's mindestens 16 Minuten Abzug für die Publikumsfrage: "Was soll das?" Andererseits aber vielleicht einen kleinen Zeitbonus für "42", das eine junge Frau in den Ring warf, die offenbar Douglas Adams' Per Anhalter durch die Galaxis gelesen hatte - wo das die Antwort auf die Frage nach einfach allem ist. Je länger der Abend währte, desto munterer ging es zu im Schauspielhaus, Leute gingen, andere unterhielten sich, viele lachten - hin und wieder. Motto (wiederum Kerstin): "Das Leben hat keine Hausordnung."

Also gibt es - als Jonathan-Meese-Parodie - eine gekreuzigte Pute, die aus einem Römertopf kommt, der in einem Herd steht, der tatsächlich an ist. Es gibt eine Elfenforscherin, eine Kleinwüchsige als Kobold (oder isländische Fremdenverkehrsministerin, je nachdem), eine unbeholfen Französisch parlierende Puten-Köchin, einen gewandt Englisch parlierenden zimbabwischen Regisseur, Filmausschnitte aus früheren Schlingensief-Aktionen, ein paar Sätze, die Harald Schmidt Ehre machen würden, Bayreuth und nochmal Bayreuth. Laute Musik. Atmosphärisches Rauschen. Aus dem kleine Sinn-Inseln hätten auftauchen können. Vielleicht sogar sollen.

Treffer sind nie ausgeschlossen bei Christoph Schlingensief. Und manches scheint er ziemlich, anderes richtig ernst zu meinen. Thema Flick-Collection, zum Beispiel. Die Informierten lachen auch da, so wie man an diesem Abend oft am Lachen ablesen kann, wer sich gut vorbereitet hat. Wer weiß, dass "Schlinges" letztes Projekt Kunst & Gemüse hieß, wer weiß, was Jonathan Meese so macht. Schlingensief intim ist vor allem Schlingensief intern: selbstreferentiell.

Der Abend ist fast zu Ende, da kommt er noch mal rein, in den Resten eines roten Fummels, und ruckelt an einem schiefen Tischchen. Nur das. Aber so, wie er daran ruckelt, wirkt er unzufrieden. Und allein.



Weiterführende Artikel zur Fickcollection, A. Hipler

- "Pute als Lebenskunst" - Bericht vom Auftakt in der Schorndorfer Manufaktur
- "Colonia Dignidad" - Ein heißer Fickcollection-Abend im Schauspielhaus Köln
- "Verwandlungsszenen" - Die Fickcollection in der Münchner Muffathalle
- "Koordinaten" - Vierter Tagesbericht - zu Gast im Schauspielfrankfurt
- "Bilderstürmer" - Bericht zum fünften Abend der Fickcollection in Hamburg
- "Putenrollbraten aus dem Römertopf" - Schlingensiefs Originalrezept
- Tag 1 Bilderstrecke - Eindrücke des Auftakts in der Schorndorfer Manufaktur
- Tag 2 Bilderstrecke - Der Fickcollection Abends im Kölner Schauspielhaus
- Tag 3 Bilderstrecke - Schlingensief intim zu Gast in der Münchner Muffathalle
- Tag 4 Bilderstrecke - Bildeindrücke des Schlingensief intim Abends in Frankfurt
- Tag 5 Bilderstrecke - Fotos der Fickcollection auf Kampnagel in Hamburg
- Tag 6 Bilderstrecke - Eindrücke des zweiten Hamburger Fickcollection Abends
- Fickcollection Übersicht - Übersicht aller Fickcollection Berichte und Fotos



Fickcollection, A. Hipler - Pressespiegel

- "Sperrt ihn weg, bevor etwas passiert!" - von Cornelia Sollfrank, 22.03.05
- "Darunter steckt immer ein kluger Kopf" - Kritik aus der WELT, 19.03.05
- "Nicht die Nerven verlieren!" - Kritik aus d. Hamburger Morgenpost, 19.03.05
- "42" - Frankfurter Rundschau vom 18.03.05, von Sylvia Staude
- "Auf Plateausohlen" - Kritik aus der Wormser Zeitung, 18.3.05
- "Wenn das Chaos keine Theorie bleibt" - Kritik aus der FAZ vom 17.03.05
- "Von Wolfgang Wagner bis Pute" - Pforzheimer Zeitung vom 17.03.05
- "Augentropfen für den Märtyrer" - Kölner Stadtanzeiger vom 16.03.05
- "Parsifal mit Pute" - Kritik aus SPIEGEL ONLINE vom 16.03.05
- "Die Kunst, das sind wir" - Eine Kritik aus der FAZ vom 18.03.2005
- "Schlingensief live & intim" - Kritik aus Intro.de vom 15.03.2005
- "Kraut, Rüben und Schönberg" - Kritik, Stuttgarter Nachrichten, 15.03.05
- "Schräger Vogel an Tabascosauce" - Kritik, Stuttgarter Zeitung, 15.03.2005
- "Von Wagner bis Pute" - Kritik aus der Wiesbadener Zeitung, 15.03.2005

Weitere Artikel

- Tagesbericht 1
   Pute als Lebenskunst


- Tagesbericht 2
   Colonia Dignidad


- Tagesbericht 3
   Verwandlungsszenen


- Tagesbericht 4
   Koordinaten


- Tagesbericht 5/6
   Bilderstürmer


- Stabliste

- FAZ-Kritik, 18.03.

- Fickcollection Index

- Pute im Römertopf -
   von C. Schlingensief


   Pute im Römertopf


Bilderstrecken

- Bilderstrecke 1
   Schorndorf, 13.03.


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