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Foto: Georg Soulek
Christoph Schlingensief


Christoph Schlingensief wurde 1960 in Oberhausen geboren. Nach zahlreichen Kurzfilmen drehte er 1984 seinen ersten Langfilm Tunguska – Die Kisten sind da, es folgten u.a. Menu total (1985), Egomania (1986) und Mutters Maske (1987). Zwischen 1989 und 1992 drehte er die Deutschlandtrilogie: 100 Jahre Adolf Hitler – Die letzten Stunden im Führerbunker, Das deutsche Kettensägenmassaker und Terror 2000 – Intensivstation Deutschland.

An der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz entstand 1993 seine erste Theaterinszenierung 100 Jahre CDU – Spiel ohne Grenzen. Es folgten u.a. Kühnen `94, Rosebud (2001) Kunst und Gemüse, A. Hipler (2004) und 2006 die begehbare Installation Kaprow City. Außerdem inszenierte er an verschiedenen Theatern, unter vielen anderen 2001 den Hamlet mit ausstiegswilligen Neonazis am Schauspielhaus Zürich und die ATTA-Trilogie, die sich aus ATTA ATTA (Volksbühne, 2002), Bambiland von Elfriede Jelinek (Burgtheater Wien, 2003) und Attabambi – Pornoland (Schauspielhaus Zürich, 2004) zusammensetzt.

Mit seinen aktionistischen Projekten außerhalb des Theaters wirkte Schlingensief weit über den Kunstraum hinaus und erfuhr internationale Aufmerksamkeit. Im Rahmen der Wiener Festwochen veranstaltete er im Jahr 2000 die Container-Aktion Bitte liebt Österreich. Anlässlich der Bundestagswahl 1998 gründete er die Partei CHANCE 2000. 2003 nahm er mit der CHURCH OF FEAR an der 50. Biennale Venedig (2003) teil. Es entstanden zahlreiche, viel beachtete Kunstausstellungen im In-und Ausland, u.a. 18 Bilder pro Sekunde im Haus der Kunst München 2007.

Zwischen 1997 und 2003 arbeitete Schlingensief zudem als TV-Moderator und ging mit den medienkritischen Formaten Talk 2000, U 3000 und dem Nicht-Behindertenmagazin Freakstars 3000 auf Sendung.

Er inszenierte Opern an verschiedenen Häusern, Höhepunkte waren von 2004 – 2007 Wagners Parsifal in Bayreuth und 2007 Der Fliegende Holländer in der legendären Oper von Manaus.

Mit seinen unzähligen Inszenierungen, Kunstinstallationen, Aktionen und Ausstellungen mischt sich Christoph Schlingensief seit über zwei Jahrzehnten unbeirrt in den kulturellen und politischen Diskurs ein und führt in Bezugnahme auf verschiedene Künstler – u.a. Joseph Beuys - Oper, Theater, Film und Aktionen zusammen. So entwickelte er den Animatographen, eine "begehbare Fotoplatte" in Form einer Drehbühne, die eben diese Elemente seiner Arbeit zusammenführt. Erstmalig präsentierte er ihn auf dem Reykjavik Art Festival 2005, es folgten weitere animatographische Installationen, u.a. The African Twin Towers in Namibia (2005/06).

Seine Themen kreisen beständig um die Frage nach Gott, der Erlösung und dem Sinn aller Kunst. Die Die Verschiebung seiner Bilder und Gedanken durch seine Krebserkrankung bearbeitete er offensiv in seiner Inszenierung Der Zwischenstand der Dinge am Maxim-Gorki-Theater (2008), seinem 2009 im Rahmen der Ruhrtriennale uraufgeführtem Fluxusoratorium Kirche der Angst vor dem Fremden in mir, der ReadyMade-Oper Mea Culpa am Wiener Burgtheater und zuletzt in Koproduktion mit dem Züricher Neumarkttheater und dem Schauspielhaus Zürich mit Sterben lernen – Herr Andersen stirbt in 60 Minuten. Große Aufmerksamkeit erfuhr auch sein 2009 bei Kiepenheuer erschienener Bestseller So schön wie hier kann es im Himmel gar nicht sein! Tagebuch einer Krebserkrankung.

Christoph Schlingensief ist Professor für Freie Kunst an der HfbK Braunschweig und nahm mehrere Lehraufträge wahr, u.a. an der Kunstakademie in Düsseldorf. 2009 war er Jurymitglied der Berlinale. Er wurde mit seinen Inszenierungen mehrfach zum Berliner Theatertreffen eingeladen und erhielt zahlreiche Auszeichnungen, zuletzt den Helmut-Käutner-Preis der Landeshauptstadt Düsseldorf. Zudem ehrt ihn das Filmmuseum Düsseldorf ab dem 02. März 2010 mit einer umfangreichen filmischen Retrospektive und Ausstellung.

Er gründete die Initiative Festspielhaus Afrika, am 8. Februar 2010 war die Grundsteinlegung für REMDOOGO, das erste Operndorf der Welt in Burkina Faso, Afrika. Mit Via Intolleranza II inszenierte Schlingensief mit Künstlern aus Europa und Burkina Faso das erste Stück materialisierte afrikanische Operndorf-Utopie, das nach Proben in Ouagadougou und Berlin in Brüssel, Hamburg, Wien und München aufgeführt wurde.

Zu seinen letzten Vorhaben gehörte die Einrichtung des Deutschen Pavillons der Biennale in Venedig 2011. Am 21. August 2010 verstarb Christoph Schlingensief in Berlin.



Familienfoto: Christoph, Anni und Hermann Josef, 1968 am Drachenfels.



Weiterführende Texte zu Christoph Schlingensief

- Mein idealer Künstler zurzeit - Laudatio von Georg Seeßlen (2010)
- Christoph Schlingensief - Portrait von Till Briegleb, Goethe Institut
- Kunstforum: Lieblingsziel Totalirritation - Portrait von Marion Löhndorf
- Stoffwechsel des Risikos - von Anna-Catharina Gebbers (PDF)
- Über die Filme, das Theater und die Talkshow - Georg Seeßlen
- Portrait Schlingensief - von Dietrich Kuhlbrodt, erschienen 1989 in EPD-Film
- Christoph Schlingensief - Cinegraph Filmlexikon bis 1989 mit Ergänzungen
- It's not going - Engl. Biographie von 1998, Guggenheim Museum New York

Weitere Informationen

- Seeßlen-Laudatio
- Goethe Institut Bio
- Kunstforum Portrait
- Seeßlen Essay
- Kuhlbrodt Essay
- Cinegraph
- Guggenheim (English)

- Filmographie
- Interviews

Externe Links

- Dietrich Kuhlbrodt
- Volksbühne Berlin
- Royal Produktion
- Schliengensief-ALS
"Der kleine Prinz", 1972

Auf Rafflenbeul, 1972

Amateurfilmclub, 1978


Christoph Schlingensief (c) Aino Laberenz
Portrait
(c) Aino Laberenz